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Dieser Artikel erschien zuerst in unserem Kundenmagazin nah klar.

PlusBus-Linien haben sich seit ihrem Start vor zehn Jahren zu Taktgebern im Mitteldeutschen Verkehrsverbund entwickelt. Sie verbinden die Metropolen mit den Kleinstädten und kulturellen Juwelen der Region — wie die Linie 728 von Merseburg nach Querfurt. Eine hollywoodreife Probefahrt.

Der Taktgeber

Als er am Goethe-Theater in Bad Lauchstädt vorbeirollt, kommt Torsten Patenge richtig ins Plaudern. Es ist mehr als 25 Jahre her, aber er kann sich noch genau erinnern. Im MDR-Polizeiruf „Mordsfreunde“ mit den Kommissaren Schmücke und Schneider spielte er damals einen Busfahrer, der einen mutmaßlichen Mörder an Bord hat, sogar ein Revolver rutscht zwischen den Sitzen herum. Die Fahrszene ist minutenlang im Krimi zu sehen. „Aber der Mann war dann doch nicht der Täter“, sagt Patenge. Gedreht wurde im Winter, aber weil es an Schnee fehlte, haben die Leute vom Film weißen Griesel auf die Windschutzscheibe gezaubert. Der Mittfünfziger mit den stahlbauen Augen und dem Bürstenhaarschnitt kann gut mit all dem umgehen – ihn bringt so schnell nichts aus der Ruhe.

Torsten Patenge ist seit mehr als 30 Jahren Busfahrer mit Leib und Seele. Schon Mitte der 1980er Jahre hat er in Merseburg Kfz-Schlosser und Kraftfahrer gelernt. Und bis heute ist er für die Personennahverkehrsgesellschaft Merseburg-Querfurt auf Achse – ein Arbeitgeber, den er seit seiner Ausbildung auch unter anderen Namen und Vorzeichen nie verlassen hat. Lange war er für das Unternehmen mit Reisebussen auf Auslandsreisen unterwegs, am Nordkap und in Rimini, in den Masuren und Ungarn, Belgien und Spanien. Doch nach 20 Jahren hatte der Familienvater, der in Leuna lebt, genug vom Wegsein und kehrte zurück auf seine Heimatstrecken. Jetzt fährt er wieder Stadtlinien und Überlandstrecken, darunter die PlusBus-Linie 728, die von Merseburg über Bad Lauchstädt nach Querfurt und wieder zurück führt.

10 Jahre PlusBus

PlusBus-Linien verbinden S-Bahnen, Regionalbahnen und andere Busse in Sachsen-Anhalt regelmäßig zu leicht merkbaren Zeiten, im gleichen Takt – unter der Woche stündlich von 6 bis 20 Uhr, samstags mindestens sechsmal, sonntags mindestens viermal. Mit der Eröffnung des Leipziger Citytunnels und dem neuen S-Bahn- Netz Ende 2013 sind sie als neues Angebot gestartet. Heute sind in Sachsen-Anhalt 37 Linien unterwegs – und die Fahrgastzahlen um mehr als 80 Prozent gestiegen. Das Erfolgsmodell ist inzwischen auch in sechs Bundesländern wie Sachsen, Brandenburg, Thüringen, Schleswig-Holstein und dem Saarland gestartet.

Auf dem Weg zum Geheimtipp

PlusBusse sorgen seit zehn Jahren für einen verlässlichen Anschluss ans S-Bahn-Netz und verbinden die Metropolen der Region zu festen Zeiten und Takten mit den Kleinoden auf dem Land. Der PlusBus 728 ist dabei auch ein Bindeglied zwischen den touristischen und kulturellen Highlights und Geheimtipps der Region.

Die rund 35 Kilometer lange Fahrt im weiß-blauen MAN Lions City-Bus mit 45 Sitzplätzen und 280 PS beginnt kurz nach der vollen Stunde am Zentralen Omnibus-Bahnhof neben dem Bahnhof Merseburg. Von hier aus sind es nur ein paar Gehminuten bis zum mehr als 1.000 Jahre alten Kaiserdom und zum benachbarten Renaissance-Schloss. „Dort drehen sie gerade wieder einen Film“, erzählt Patenge. „Ich muss nur noch herausfinden, was.“ Es war: „Bach – eine Weihnachtsgeschichte“, eine Koproduktion von ARD, MDR und weiteren Sendern mit den Schauspielstars Devid Striesow und Verena Altenberger sowie dem Leipziger Thomanerchor in den Hauptrollen.

 

Touristische und kulturelle Highlights: Die mittelalterliche Filmburg Querfurt, die original erhaltene Theaterbühne in Bad Lauchstädt sowie Dom und Schloss Merseburg

Unterwegs mit dem PlusBus 728

Das Ensemble aus Dom und Schloss ist berühmt für seine Kulturschätze, seine Skulpturen, Epitaphe, Gemälde und Handschriften, für seine Raben-Sage und für die romantische Ladegastorgel. Sie ist jedes Jahr bei den traditionsreichen Orgeltagen zu hören – einem der herausragenden Musikfestspiele in Sachsen-Anhalt. Von Merseburg aus geht es mit dem Bus durch malerische Orte wie Bündorf und Großgräfendorf. Dazwischen stoppt der Bus in Bad Lauchstädt vor dem einst von Goethe geführten Theater, das gleich neben den eindrucksvollen historischen Kuranlagen liegt.

Zu Zeiten des berühmten Theaterdirektors und Dichters, so wird erzählt, war der kleine Badeort mit den heilenden Mineralquellen Treffpunkt der vermögenden, gebildeten Gesellschaft Mitteldeutschlands, die hier über Kunst, Kultur und Politik philosophierte. Heute werden auf der original erhaltenen Theaterbühne an vielen Wochenenden Theater- Gastspiele, Lesungen und Konzerte mit prominenten Gästen aufgeführt. Patenge  merkt es immer an den Fahrgästen, wenn auf seiner Strecke wieder Veranstaltungen stattfinden. Manche Touristen erkundigen sich auch nach dem

Weg oder fragen nach weiteren Ausflugstipps in der Region. Sein persönlicher Favorit ist dabei ein Winter-Highlight: der Christkindl-Markt in Bad Lauchstädt

Bald hinter Schafstädt, nach einer windigen Etappe zwischen offenen Äckern und Wiesen, erscheinen am Horizont die Getreidesilos in der Silhouette von Querfurt. Vor einem neuen Rewe-Einkaufsmarkt in der Altstadt endet die knapp einstündige Fahrt. Dort wurde 2021 ein neuer Busbahnhof für mehrere Linien eröffnet. Vom Rossplatz aus ist es nur eine Viertelstunde Fußweg bis zu Querfurts mittelalterlicher Burganlage mit ihren drei markanten Türmen. Die größte und älteste Ritterburg an der Straße der Romanik war einst der Stammsitz des Adelsgeschlechts der Edlen Herren. Heute dient sie als Kulisse für große Historienfilme wie „Der Medicus“ und „Die Päpstin“, für Märchenfilme in ARD und ZDF und zahlreiche geschichtliche Dokumentationen

Pilgerweg

Die PlusBus-Linie 728 ist auch eine Art Pilgerweg für Filmfans – für Busfahrer Patenge auf jeden Fall. „Leute, die mich kennen“, so erzählt er zum Abschied, „erkennen mich heute immer noch im Film wieder.“

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