Acht Bahnhöfe, acht Geschichten: Entlang der historischen Strecke Schönebeck – Güsten erwachen die Bahnhöfe zu neuem Leben. Ihre Entwicklung zeigt beispielhaft, wie diese Orte genutzt werden können - mit Gastronomie, Kultur und Wohnungen.


Hauptbahnhof Schönebeck
Grauer Putz, zugemauerte Fenster: Noch ist der Hauptbahnhof von Schönebeck kein Aushängeschild des Städtchens an der Elbe. Doch ab nächstem Frühjahr sollen Handwerker das gut 180 Jahre alte Kulturdenkmal im Herzen der Stadt wieder in ein Schmuckstück verwandeln. Für mehr als 18 Millionen Euro werden das Empfangsgebäude und die Bahnanlagen für die täglich 3.000 Reisenden auf den modernsten Stand gebracht. Das Empfangsgebäude ist ein sogenanntes Revita-Projekt des Landes. Damit werden Vorhaben gefördert, die alten Empfangsgebäuden zu neuem Glanz verhelfen. In Schönebeck sind es rund zwei Millionen Euro Förderung. Der Bahnhof soll nicht nur ein schlichtes Empfangsgebäude werden, sondern ein attraktives, lebendiges Eingangstor für Reisende, Gewerbetreibende und die Bevölkerung, betont Karsten Fiedler, Geschäftsführer der Städtischen Wohnungsbau GmbH als Eigentümerin. Auch Gastronomie, Kioske und ein Fahrradverleih samt Werkstatt sollen einziehen – und im Obergeschoss Service-Appartements eröffnet werden. Die Fertigstellung ist für Herbst 2027 geplant. Auch die Erneuerung der Bahnstation durch DB InfraGo und des Bahnhofsumfeldes durch die Stadt wird aus Landesgeldern gefördert.

Bahnhof Förderstedt
Auf seine Erweckung wartet noch der Bahnhof Förderstedt. Er wurde 2014 an private Investoren veräußert, verfällt aber seither. Der eigentliche Bahn-Haltepunkt wurde indes einige hundert Meter weiter an die Hauptstraße im Ortskern verlegt. Hier hält alle zwei Stunden die Regionalbahn-Linie 41 Magdeburg – Aschersleben, die alle besonderen Orte dieser gut 28 Kilometer langen Strecke verbindet.

Bahnhof Eggersdorf
Privat bewohnt ist der Bahnhof Eggersdorf. Er wurde 2017 an eine Familie verkauft und liebevoll saniert. Die Familie wahrt jedoch ihre Privatsphäre.


Bahnhof Bad Salzelmen
Wie ein altes Empfangsgebäude zu neuem Leben erwacht, zeigt der Bahnhof Bad Salzelmen im Südosten Schönebecks. Gegenüber dem Gradierwerk im Kurpark betreiben Gastronomin Bianka Schwarz und ihr Mann Uwe Riehn seit 2016 ihre „Salzerei“: Im früheren Mitropa-Saal bewirten sie heute Familienfeiern und Busreisende, am Wochenende laden sie zum Brunch ein. In der oberen Etage, wo einst die Dienstzimmer waren, vermieten sie zwei liebevoll eingerichtete Pensionszimmer mit
Platz für bis zu vier Gäste, die schon aus aller Welt angereist sind. Gekauft haben die beiden den rund 125 Jahre alten Bahnhof samt Bistro aus reiner Liebhaberei für das Gebäude und den idyllischen Kurort. Seitdem stecken sie immer wieder Geld und Herzblut in den Erhalt. „Man muss schon ein bisschen verrückt sein“, sagt Riehn lachend. Mittlerweile lebt das Paar selbst in einer alten Bahner-Dienstwohnung, vermietet eine weitere Wohnung – und fühlt sich längst zuhause. „Das ist Kult“, sagt Riehn.

Haltepunkt Neundorf
Ganz von der Bildfläche verschwunden ist der Bahnhof Neundorf. Hier gibt es nur einen Haltepunkt für die RB 41 mit einfacher Ausstattung – aber kein klassisches Empfangsgebäude.
Frisches Geld für alte Bahnhöfe
Mit dem Landesförderprogramm REVITA unterstützt Sachsen-Anhalt die Wiederbelebung und Modernisierung von Empfangsgebäuden. Erfolgreiche Projekte gab es unter anderem in Sangerhausen, Bad Kösen und Zeitz, Haldensleben, Bernburg und Thale. Unterstützt werden mit dem Programm unter anderem die Modernisierung von Dächern und Fassaden sowie barrierefreie Zugänge, Wartebereiche, Toiletten, touristische Infopunkte, Fahrkartenservice und Fahrradstellplätze. Anträge dürfen öffentliche und private Eigentümer stellen, wenn das Bahnhofsgebäude Verkehrsaufgaben übernimmt.Bis zu 80 Prozent der förderfähigen Kosten werden übernommen. Ergänzend fördert das Schnittstellenprogramm des Landes die Umgestaltung von Bahnhofsvorplätzen, Bushaltestellen, Parkplätzen und Taxi-Stellzonen.


Bahnhof Eickendorf
Einen leidenschaftlichen Eigentümer hat der Bahnhof Eickendorf gefunden: Sven Fischer, selbstständiger Lokführer aus der Eifel, kaufte 2020 das sanierungsbedürftige Gebäude samt 12.000 Quadratmetern Fläche und einem ausrangierten Stellwerk. Das Haus hatte 20 Jahre leer gestanden, ehe Fischer es auf der Immobilienseite der Deutschen Bahn entdeckte. „Die Form, das Fachwerk, die Rundbogenfenster und die roten Klinker – all das hat mir gefallen“, erzählt er. Inzwischen hat der 32-Jährige mit seinem Vater Heinz-Stefan das Erdgeschoss samt Schalterhalle, Warteraum und ehemaliger Gaststätte als kleines Privatmuseum hergerichtet, um seine Sammlung alter Signale, Schilder, Plakate und Bahntechnik auszustellen. Zum Tag des offenen Denkmals führt er Interessierte durch das um 1900 errichtete Gebäude. Auch familiär ist neues Leben eingezogen: Im Dachgeschoss wohnt heute Fischers Großmutter. „Sie wollte nochmal einen Tapetenwechsel und unbedingt herziehen“, erzählt Fischer. Der Lokführer selbst ist bundesweit viel unterwegs, hat sich aber ein Gästezimmer und Büro in Eickendorf eingerichtet und schaut je nach Einsatzplänen alle paar Wochen vorbei. Vor dem Bahnhof könnte künftig eine Bushaltestelle mit Wendeschleife entstehen, um die haltenden Züge besser anzubinden. Am liebsten würde Fischer den Ort mit einer musealen Lokomotive schmücken. „Die Gespräche mit der Gemeinde laufen“, sagt der Bahnfan.

Bahnhof Stassfurt
Das Haus des früheren Bahnhofsvorstehers in Staßfurt gehört heute der Stadt und wird auch von ihr genutzt: Seit dem Jahreswechsel ist dort vorübergehend der Fachdienst Kultur untergebracht. Das eigentliche Bahnhofsgebäude von Staßfurt wurde aber bereits 1976/77 wegen erheblicher Bodensenkungen und Bergschäden durch den Kalibergbau abgerissen. Im Erdgeschoss befinden sich öffentliche, barrierefreie Toiletten für die Reisenden und auch Fahrkarten können in unmittelbarer Nähe gekauft werden. Das übernimmt die Lebenshilfe Bördeland gegenüber vom Bahnhof.


Bahnhof Güsten
Gleise in die Zukunft werden jetzt am Bahnhof Güsten verlegt: Seit Ende September investieren Bund, Land und DB InfraGo rund elf Millionen Euro in neue Bahnsteige, helle Tunnel, moderne Aufzüge und Leitsysteme. Immerhin nutzen etwa 1.300 Reisende täglich den Kreuzungspunkt der Strecken Magdeburg – Erfurt und Dessau – Aschersleben. Künftig soll auch das historische, aber noch verschlossene Empfangsgebäude von 1856 aus dem Dornröschenschlaf erwachen. Die Gemeinde als Eigentümerin kämpft um seine Rettung. Schon bald soll mit Fördermitteln des Denkmalschutzes das Dach samt Turmuhr saniert werden. „Die Anträge sind gestellt“, erzählt Bürgermeister Michael Kruse. Danach könnten gemeinsam mit der Deutschen Bahn und dem Land Aufenthaltsmöglichkeiten, Toiletten, ein Imbiss, Fahrkartenverkauf und Radabstellplätze entstehen. Kruse wünscht sich zudem weitere Mieter, die mit Gastronomie, Unterkünften oder anderen Ideen den charmanten Bahnhof wieder zu einer lebendigen Anlaufstation machen: „Wir sind offen für Ideen.“
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